Immer wieder einmal sollte sich eine Jagdzeitung mit den Themen Jagdethik, Weidgerechtigkeit, oder anders ausgedrückt: „Mitgefühl mit den Mitgeschöpfen“ befassen. Die Jagd besteht zu einem wesentlichen Teil aus Schießen auf Wild. Wenn wir dieses Tun leichtfertig, überhastet und evtl. auch unüberlegt ausführen, sind wir Jäger, die in der Öffentlichkeit zu Recht geschmäht werden. Wir denken über Jagdzeiten neu nach – soll der Rehbock schon ab 1. April bejagt werden, soll die Jagdzeit gar bis 31. Januar verlängert werden?
Die Schonzeit beträge dann 2 Monate - es muss hier schon die Frage erlaubt sein: was soll das?? Wie nah sind wir inzwischen „ökölogischen“ Jagdzeiten gekommen, geht es eigentlich noch um gesunde Schalenwildbestände oder um Ausrottung? Beim Schwarzwild hat man manchmal ganz gewaltig das Gefühl: wenn der Abschuss von Leit-Bachen ernsthaft diskutiert wird, und auch der Abschuss von einzelnen Stücken im Frühjahr/Sommer nicht mehr geächtet wird, dann ist etwas in der weidgerechten Welt nicht mehr in Ordnung.
Im Übrigen ist das Ansprechen (vor dem Schießen!) immer wieder das zentrale Thema, um das wir uns kümmern müssen: wer sein Revier kennt, weiß um die Bestände. Wer zu Gast irgendwo ist, kennt sie nicht. Von einem Gast muss man doch umso mehr erwarten, dass er einmal mehr hinschaut, bevor er den Finger krumm macht – leider ist das sehr häufig nicht so und damit beklagenswert. Viele Bewegungsjagden auf Schalenwild lassen in der Jagdansprache umsetzungsfähige Aussagen vermissen, ebenso wie die Kenntnis der Schützen häufig scheinbar mangelhaft ist. Wie anders ist es zu erklären, wenn auf einer Bewegungsjagd in der Forst im November die Abschüsse von Rehböcken schon gar nicht mehr geahndet werden – immerhin war das doch bisher wenigstens eine Ordnungswidrigkeit? In Niedersachsen darf sich ab sofort jeder Jäger 1 Mal im Jahr einen solchen „Ausrutscher“ leisten – jedes Jahr wieder neu! Dass wir mit solchen „Gesetzesumgehungen“ ein denkbar schlechtes Licht auf uns selbst werfen, dürfte auch dem gleichgültigsten Jäger klar sein. Wenn man Ende Mai eingeladen ist, ein Schmalreh oder Schmaltier zu erlegen, kann man doch nicht das erstbeste Stück beschiessen, das auf die Wiese austritt! Wenn ich mich in einem fremden Revier nicht auskenne, brauche ich als erstes einen Größenvergleich zwischen den Stücken, gerade beim Rehwild ist das häufig gar nicht einfach: da kann eine klein geratene Ricke schon führend sein – und es war dann eben (leider, leider!) doch kein Schmalreh. Auch hier könnten die Schweißhundeführer viel berichten, wenn sie nicht verschwiegen sein müssten… Auch bei einer Bewegungsjagd im Mais kann man zuerst ansprechen, wenn ein Stück Schwarzwild das Feld verlässt – allzu oft kommen die Wutze nach der Bache heraus. An dieser Stelle könnten wir noch einige weitere Punkte zur Diskussion stellen: die Einführung von Nachtzielgeräten gehört ebenso dazu wie Fütterungsverbote in Notzeiten, Verbot der Fuchsbejagung, Waffengesetz weiter verschärfen (keine Waffen in Privathand), und natürlich die Bleifrei-Debatte. Gerade der letzte Punkt ist derzeit überall heiß umkämpft: Wir Jäger bemühen uns ebenso wie die Munitionsindustrie um gute Tests und „wahre“ Aussagen – ohne Populismus.
In der Politik sieht das ganz anders aus: Wenn die GRÜNEN die Wahl gewinnen sollten (obwohl wir ja alle Grüne sind, nur auf etwas andere Art), werden wir Munitions-Tests nicht mehr durchführen können, zumindest nicht mit großkalibrigen Büchsen oder Kurzwaffen, sie werden versuchen, es uns abzusprechen, wo es möglich ist. Die Entwürfe zu den ökologischen Jagdgesetzen der einzelnen Bundesländer zeigen dies jetzt schon deutlich: das wird unser Alltag. Wir selbst sind in keiner Partei (auch nicht in der FDP), aber eine Frage müssen wir uns alle stellen: welche Partei wahrt unsere Grundrechte und will Gesetze nicht sinnlos aus Populismus verschärfen? Zu dieser Fragestellung haben wir auch schon vor 4 Jahren aufgerufen, und wir sind nicht zu schlecht damit gefahren. Neue Landtagszusammensetzungen zeigen deutlich, welche Änderungen uns ins Haus stehen werden. Zu den Waffengesetzes-Forderungen fällt auf, dass wir immer mehr Verbote zu großkalibrigen Waffen bekommen sollen, es wird mehr und mehr propagiert, dass es zum Üben doch reicht, mit Kleinkaliber zu schießen (nicht nur in den Schützenvereinen)! Was für eine Blasphemie! Um auch in diesem Kontext bei der Weidgerechtigkeit zu bleiben: Wenn wir auf den Schießständen nicht mit unseren Jagdwaffen Munition testen können, bliebe nur der Versuch am Wild – und das muss aus tiefster Seele abgelehnt werden: Jäger machen keine Experimente am lebenden Wild! Jagdmoral hat viele Facetten, einige haben wir hier angesprochen. Dass sie vielerorts nicht beachtet wird, sollte nicht dazu verführen, ihr keinen Platz mehr einzuräumen. Wenn wir nicht selbst bereit sind, Missstände zu benennen, werden es unsere Gegner für uns tun – und davor sollten wir uns erst recht hüten.
Von Dieter und Sibylle Erbut